Tina Borns aktuelle Installation verwandelt das Breker-Atelier im Käuzchensteig

Tina Born: Pantograph, 2008
Tina Born: Pantograph, 2008
Alle Rechte vorbehalten: die Künstlerin

Bekannt ist das Ateliergebäude am Berliner Käuzchensteig unter dem Namen „Breker-Atelier“. „Auf Wunsch des Führers“, wie es in der Bauakte des von 1939 bis 1942 errichteten Gebäudes heißt, wurden Arno Breker hier großzügige Räumlichkeiten für die Arbeit an seinen monumentalen Skulpturen zur Verfügung gestellt. Der aus mehreren Atelierräumen bestehende Bau des Architekten Hans Freese bezieht sich dabei auf das kurz vorher von Albert Speer in Baldham/Bayern errichtete Atelier für den Bildhauer Josef Thorak. Der westliche Flügel der Anlage, die ehemalige Steinhalle, wird bis heute als Atelier genutzt. Er ist der Ort von Tina Borns aktueller Installation.

Der über zehn Meter hohe Raum wird von einer gewaltigen seitlichen Eingangstür und einem nicht weniger großen, die Rückwand durchbrechenden Fenster dominiert. Der überdimensionale Architekturmaßstab wird schon beim Griff nach der Türklinke erfahrbar. Fenster und Tür bilden die Referenzpunkte der Installation „Pantograph“. Das sechs Meter hohe und drei Meter breite Fenster setzt hoch über dem Boden an, der Blick hinaus geht in Himmel und Baumgeäst. Diesem Fenster hat Tina Born ein maßstabgetreues zweites angefügt, das aus der Senkrechten in den Raum hinein gekippt ist. Im angefügten Rahmen ersetzen hochglänzende schwarze Plexiglasplatten das durchsichtige Fensterglas, so dass anstelle eines zweiten Fensters ein schwarzer Spiegel entsteht, der das Licht nicht durchlässt, sondern reflektiert. Solange es draußen hell ist, verhalten sich das transparente Tagesfenster und das dunkle Nachtfenster wie ein gegensätzliches Brüderpaar. Mit einbrechender Dämmerung verringert sich der Unterschied zwischen ihnen, und mit dem Verschwinden des letzten Lichtstrahls wird das Tagesfenster ebenfalls zur schwarzen Spiegelfläche: Zwischen beiden Fenstern beginnt ein beziehungsreiches Spiel von Reflexionen und Brechungen des erleuchteten Innenraums.

Tina Born: Pantograph, 2008 (Motiv der Einladungskarte)
Tina Born: Pantograph, 2008
Alle Rechte vorbehalten: die Künstlerin

Ein Pantograph ist ein Apparat, mit dem sich Zeichnungen und Skulpturen in einen beliebigen Maßstab übertragen lassen. Breker benutzte den Pantographen als eine Vergrößerungsmaschine, die es ihm ermöglichte, die noch handhabbaren skulpturalen Entwürfe und Prototypen in einen überdimensionalen Maßstab zu übertragen. Pantographisch ist auch Tina Borns Strategie der Duplikation, doch beabsichtigt diese Strategie nicht die Überwältigung, sondern ein Hinterfragen des Wahrgenommenen.

Tina Born hat sich in ihrer künstlerischen Arbeit vielfach mit den Besonderheiten bestimmter Räume auseinandergesetzt. Ziel ihrer Rekonstruktionen und Nachbauten ist jedoch nicht Simulation, sondern eine abstrahierte Form, in der sich die wahrnehmbaren Charakteristika eines Ortes verdichten. Schwarz spielt dabei immer wieder eine zentrale Rolle, insbesondere dann, wenn es in Verbindung mit einer glatten Oberflächenstruktur zum Spiegel wird. Die schwarzen Objekte von Tina Born sind wie Nachbilder, wie Reaktionen auf eine vorgefundene räumliche oder plastische Form, die ihre Wirkung – ihrer unbestrittenen physischen Präsenz zum Trotz – weniger in der Außenwelt, als vielmehr in der Wahrnehmung des Betrachters entfalten. Dort entpuppen sie sich häufig als subtile Fallen, die unsere Wahrnehmung gefangen halten.

Noch bis 16. März, donnerstags bis samstags, 15 bis 19 Uhr, in der Steinhalle, Käuzchensteig 12, 14195 Berlin